Historie / Chronik
Der Beginn
Turnvater Jahn ist es, der vor über zweihundert Jahren buchstäblich alles in Bewegung setzt. Er richtet im Jahr 1811 in Berlin den ersten öffentlichen Turnplatz ein und begründet damit die deutsche Turnerbewegung. Die anfangs kleine Zahl der Turner wächst im Laufe der Zeit immer weiter an und schon wenige Jahre darauf werden die ersten Turnvereine in ganz Deutschland gegründet.
Nach längeren friedvollen Jahren im deutschen Kaiserreich führt die industrielle Entwicklung zu einem gewissen Wohlstand und einem allgemeinen Gefühl der Sicherheit. Die Menschen finden Zeit und Muße, neben dem Lebensnotwendigen auch einer Freizeitbeschäftigung nachzugehen. Zu Beginn sind es überwiegend Schüler und Studenten, die sich der Bewegung anschließen, ab Mitte des Jahrhunderts treten immer mehr Handwerker, Gesellen und Arbeiter den Vereinen bei oder gründen ihre eigenen Zusammenkünfte. Auch in den Schulen wird Turnen schließlich zum obligatorischen Unterrichtsfach.
So herrscht im Taunusdorf Niederjosbach mit seinen fast 400 Einwohnern ebenfalls eine Art Aufbruchsstimmung. In einigen Nachbarorten entwickelt sich bereits ein reges Vereinsleben, das ansteckend wirkt. Im Frühsommer des Jahres 1890 treffen sich im Gasthaus der Familie Racky am Zimmerplatz zwanzig turnbegeisterte Männer und gründen eine „Turngemeinde“. Die Idee macht die Runde im Dorf und nach nur wenigen Wochen zählt der Verein bereits 35 Mitglieder, das heißt, fast ein Zehntel der Einwohnerzahl!
Einen Ort zum Turnen und auch Turngeräte sind noch nicht vorhanden, doch die Männer haben Schwung und Ideen, sie zimmern sich ein Reck aus Stangen und suchen sich einen geeigneten Platz. Oberhalb der damaligen Mühle in der Obergasse (heute Nr. 41) können die Übungen gemacht werden, im Winter üben die Turner in Dorfscheunen oder im alten Gartenhaus des Gasthauses Racky. F. Haupt übernimmt den ersten Vorsitz, die fehlenden Turngeräte können dank sparsamen Haushaltens mit den Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Stiftungen nach und nach angeschafft werden. Auch die Turngemeinschaft verlangt Disziplin und Einsatz von ihren Mitgliedern und Gemeinsamkeit und Zusammenhalt ziehen weitere Mitglieder an.
Dazu reizt die steigende Zahl von Turnfesten und Wettbewerben, in denen man sich mit anderen Vereinen messen kann: Seit 1860 findet in unregelmäßigen Abständen alle paar Jahre das Deutsche Turnfest in großen deutschen Städten statt. Im Jahre 1895 nimmt der Verein erstmals am Feldbergfest teil, dem ältesten deutschen Bergturnfest, das bereits seit 1844 organisiert wird. Den knapp 15 Kilometer langen Weg dorthin legen die Teilnehmer zu Fuß zurück. Schon drei Jahre vor der Jahrhundertwende wird die Turngemeinde Niederjosbach bei größeren Veranstaltungen von einem eigenen Musikzug mit Trommeln und Pfeifen begleitet.
Im Jahr 1896 werden in Griechenland die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit organisiert, und auch wenn sie noch nicht live in die guten Stuben übertragen werden, so sind sie doch Ausdruck des wachsenden Interesses an sportlicher Betätigung in ganz Europa.
Die Jahrhundertwende
Im Jahr 1900 wird gemeinsam das 10‑jährige Stiftungsfest gefeiert. In dieser Zeit findet auch das erste der dann jährlich abgehaltenen Waldfeste statt, die dem Verein jedes Mal einen schönen finanziellen Erfolg sichern.
Das Engagement, das die Turner sich abfordern, ist nicht zu unterschätzen, eine strenge Disziplin und klare Regeln werden von jedem einzelnen Mitglied erwartet. In den Übungsstunden wird Anwesenheit verlangt, wer fehlt, zahlt eine Geldstrafe. Ebenso verpflichtend ist der Besuch der monatlichen Mitgliederversammlung, bei der nicht nur alle Vereinsangelegenheiten besprochen, sondern zu allererst der fällige Mitgliedsbeitrag zu bezahlen ist. Auch hier wird bei Fehlen eine Geldstrafe erhoben und bereits Zuspätkommen ist zahlungspflichtig. Alte Protokolle vermerken tatsächlich entrichtete Strafen von bis zu 35 Reichsmark monatlich für einzelne Mitglieder. Dazu zählt beispielsweise auch das Fehlen bei Beerdigungen verstorbener Vereinskameraden, das mit 25 Reichsmark zu Buche schlägt.
Vorturnerkurse, die in Altenhain abgehalten werden, besuchen die Teilnehmer ebenfalls zu Fuß, auch dies ein Marsch von etwa zweieinhalb Stunden, ein enormer Einsatz, der damals von den Einzelnen erbracht wird.
Zwei Turnvereine
Im Jahr 1903 gründet sich in Niederjosbach ein weiterer Turnverein, die Turngesellschaft. Über die Gründe dafür lässt sich heute nur spekulieren, Nachweise finden sich darüber nicht. Jedoch könnte die politische Auseinandersetzung in der deutschen Turnerschaft über die Bedeutung der Leibeserziehung auch in militärischer Hinsicht ihren Einfluss darauf gehabt haben. Überall im Land kommt es dadurch zu Spaltungen in Turnvereinen. Dennoch ist es erstaunlich, dass in einer kaum über 400 Einwohner zählenden Gemeinde, in der zu dieser Zeit weitere Vereine entstehen – wie der Gesangverein Sängerlust, ein Ziehharmonika-Orchester und der erste Obst- und Gartenbauverein – ein solcher zweiter Zusammenschluss von Turnern parallel existieren kann. Dabei steht offenbar stets der sportliche Wettstreit im Vordergrund. Die sportliche Entwicklung der Gemeinde insgesamt wird dadurch vorangetrieben. Die Männer üben eifrig und mit Begeisterung und nehmen mit gutem Erfolg an Turnfesten teil, anschließend wird meist ein Fass Bier geleert, ebenso wie beim Anturnen im Frühjahr und beim Abturnen im Herbst – laut besonderem Vermerk „zum Selbstkostenpreis“. Die strengen disziplinarischen Regeln sind beiden Vereinen gemein, wie folgender Auszug aus der Monatsversammlung von April 1911 belegt: „Um 1 Uhr eröffnete der 1. Vorsitzende die Versammlung, wo zuerst die Monatsbeiträge erhoben wurden. Dann wurde festgesetzt, dass Zöglinge freien Eintritt haben. Weiter wurden folgende Strafen festgesetzt: Diejenigen, welche nicht in die Turngemeinde kommen, werden mit 20 Pfennig bestraft. Die Zuspätkommenden werden mit 5 Pfennig bestraft und diejenigen, welche in die Turnstunde kommen und sich nicht ausziehen, werden ebenfalls mit 20 Pfennig bestraft.“
Mit dem zweiten Turnverein wird die Sportplatzfrage natürlich sehr akut. Beide Vereine bemühen sich, mit der Gemeinde zu einer Regelung zu kommen, was offenbar fehlschlägt, da mehrere Gesuche an den Landrat in Langenschwalbach die Bitte um dessen Vermittlung belegen. Endlich im September 1912 teilt der königliche Herr Landrat von Trotha dem Vereinsvorsitzenden Johann Göttnauer mit, dass er bereit sei, zum Erwerb eines geeigneten Geländes von der Gemeinde 200 Reichsmark zur Verfügung zu stellen, den Rest müsse die Gemeinde selbst tragen. Ob es tatsächlich zum Ankauf kam, verschweigen die Aufzeichnungen, es lassen sich hierfür keinerlei Belege finden.
Tatsache aber ist, dass noch im gleichen Jahr die beiden Vereine, jeder für sich, beginnen, auf dem Lochberg ein kleines Plätzchen zu roden und zu planieren, in freiwilliger Arbeitsleistung der Mitglieder und mit wachsender Begeisterung. So kann man im fairen sportlichen Wettbewerb nebeneinander existieren.
Folgen des ersten Weltkrieges
Mit dem Beginn des ersten Weltkrieges scheint jede sportliche Betätigung in den Hintergrund zu treten, denn für diese Zeit finden sich keinerlei Aufzeichnungen. Ein 25-jähriges Bestehen der Turngemeinde kann infolge des Kriegsgeschehens nicht gefeiert werden. Der Krieg und seine harten Folgen, die überall herrschende Not, die vielen persönlichen Verluste und die Notwendigkeit, sich gegenseitig zu unterstützen, scheinen auch die Sportler unserer Gemeinde dazu zu veranlassen, enger zusammenzurücken.
Im Frühjahr 1920 findet sich folgende bedeutsame Eintragung: Die beiden Vereine, Turngemeinde und Turngesellschaft, sind mit dem 31. März 1920 zusammengeschmolzen und werden ab 1. April unter dem Namen Turnverein weitergeführt. Von diesem Zeitpunkt an entwickelt sich wieder ein reges Vereinsleben mit aktiver sportlicher Betätigung.
Im Februar 1921 wird dem Verein eine Damenriege angeschlossen. Dies entspricht der allgemeinen Entwicklung in Deutschland, wo man nach und nach davon abkommt, eine Schädlichkeit des Turnens für den weiblichen Körper zu sehen. Allerdings gibt es über die Damenriege keine Dokumentation, anfangs wird vermutlich eine Art Gruppen- oder Riegengymnastik mit Reifen, Stäben und Keulen angeleitet oder Tänze (Reigen) werden einstudiert.
Mit der langsamen Veränderung der Turnkleidung für die Damen – aus Röcken werden lange Hosen – wagt man sich mehr und mehr auch an akrobatisches Turnen und an die Männer-Turngeräte, die nicht mehr nur für reine Kraft- und Halteübungen konstruiert werden.
In das Jahr 1921 fällt auch der Bau eines größeren Geräteschuppens, der auch als Turnhalle genutzt werden kann. Im November 1922 wird eine Faustballriege gegründet. Als Vorsitzende fungierten in diesen Jahren Georg Heinz und Josef Kaus. In der Monatsversammlung vom 24. Juli 1923 wird der Monatsbeitrag auf 300 Reichsmark festgesetzt, aber schon einen Monat später steigt er infolge der Inflation auf 5000 Reichsmark. (Zum Vergleich: In Berlin kostet im Juni desselben Jahres ein Ei 800 Reichsmark, ein halbes Jahr später – 320 Milliarden Reichsmark!)
Ab Anfang März 1926 geht man an die Erweiterung des Sportplatzes. In der Jahreshauptversammlung 1927 wird Josef Schäfer zum 1. Vorsitzenden gewählt. In dieser Zeit besteht auch wieder ein Musikzug, denn laut einer Eintragung soll jedes Mitglied mit Musik beerdigt werden. Im Januar wendet sich der Verein erneut an den Landrat zwecks Unterstützung beim Bau eines Sportplatzes.
Das Fußballspiel erreicht Niederjosbach
Am 17. März 1929 wird dem Verein eine Fußballabteilung angegliedert und Karl Gräber zum Spielleiter ernannt. Zwecks Anschaffung von Bällen und Sportbekleidung wird eine Kleiderkasse eingeführt. Mit der Aufnahme der neuen Abteilung beschließt der Vorstand, den Vereinsnamen fortan als „Turn- und Sportverein“ weiterzuführen.
Am 9. November 1930 feiert der TuS Niederjosbach unter Beteiligung aller Ortsvereine sein 40-jähriges Stiftungsfest. Ein Jahr darauf, 1931, wird ein neuerlicher Antrag auf Erweiterung des Sportplatzes an die Gemeinde gestellt. Zur Vorstandssitzung im Februar 1932 ist der Bürgermeister zur Besprechung eingeladen. Im August 1932 geht ein Gesuch an den Landrat zwecks Verpflichtung des freiwilligen Arbeitsdienstes. Ein Erfolg ist diesen Bemühungen nicht beschieden.
In all den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg zeigt sich der Verein bei fast gleich bleibender Mitgliederzahl in ausgeglichener Harmonie, was sich in einem regen geselligen Vereinsleben widerspiegelt. Theaterabende, Maskenbälle, Kappensitzungen und Familienfeste mit schönen Vereinsausflügen wechseln einander ab. Lediglich das traditionelle Waldfest der früheren Jahre scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Natürlich kommt auch der Sport nicht zu kurz. Auf verschiedenen Turnfesten werden beachtliche Preise errungen.
Am 20.5.1933 wird der Verein gleichgeschaltet. Ein umfangreiches Protokoll gibt darüber Auskunft. Nach anfänglichem Rückgang der Mitgliederzahl ist für die folgenden Jahre bis 1939 ein steter Anstieg zu verzeichnen. Im vorhandenen Protokollbuch der Jahreshauptversammlung am 15. Januar 1939 ist zum Punkt „Verschiedenes“ am Ende des Protokolls Folgendes aufgeführt: „Der 1. Vorsitzende ermahnte die Mitglieder, sich wieder aktiver an den Übungsstunden zu beteiligen, damit im nächsten Jahr das 50-jährige Bestehen in würdiger Form abgehalten werden kann.“
Die Ausrichtung dieser Feier gelingt leider nicht mehr. Wieder einmal macht der unselige Krieg dem Verein die feierliche Begehung eines Jubiläums unmöglich und bringt das Vereinsleben zum völligen Erliegen.
Neuanfang nach dem zweiten Weltkrieg
Es dauert zehn Jahre, bis es im Sommer 1949 dank der Initiative einiger Sportbegeisterter zur Wiederbelebung des Turn- und Sportvereins kommt, der schon bald wieder eine Mitgliederzahl von 60 Turnern und Turnerinnen zählt; Niederjosbach hat zu dieser Zeit knapp 950 Einwohner. Unter der Leitung von Max Koppe und später Heinrich Saame entwickelt sich schnell ein reges sportliches Leben, wovon einige beachtliche Erfolge beredtes Zeugnis ablegen.
Unvergessen ist die 4 x 100m Staffel mit Werner Maisch, Georg Schupp, Norbert Schulz, Karlheinz Fischer (und Siegbert Schulz), die bei ihrem ersten Auftritt am 27. Mai 1951 beim Kreisjugendsportfest in Hofheim die gesamte Elite schlagen kann, auf Anhieb Kreismeister wird und voller Stolz den Kreisblatt-Wander-Pokal entgegen nimmt. Und selbst bei den Landesmeisterschaften am 8. Juli desselben Jahres in Büdingen erreicht diese Staffel hinter SV Korbach und Eintracht Frankfurt den unglaublichen 3. Platz.
Die damalige Vereinsführung unter Wilhelm Fritz und Alfons Bayrhoff ist sich von Beginn an im Klaren, dass der Bestand des Vereins besonders mit der Schaffung einer Sportplatzanlage verbunden ist. Unzählige Eingaben, Gesuche und Bittschriften an die Gemeinde, den Kreis und an amerikanische Pioniereinheiten legen Zeugnis ab von den unermüdlichen Bemühungen, leider ohne Erfolg. Man stößt überall auf taube Ohren, noch immer gibt es dringlichere politische Dinge und Schwierigkeiten zu lösen, als einen Sportplatz auf dem Lande zu bauen.
Die alltäglichen häuslichen Pflichten und das Unverständnis von höherer Stelle haben sicher ihren Anteil daran, dass man nach einigen Jahren entmutigt und ohne irgendwelche Aussicht auf Erfolg ganz einfach erschlafft.
Eine Welle aus Bern
Gerade in dieser Zeit der Resignation geschieht 1954 in Bern etwas Unverhofftes, etwas noch nie Dagewesenes, das das ganze Land in einen Begeisterungstaumel stürzt: Deutschland wird Fußballweltmeister! So kann es gar nicht ausbleiben, dass auch die Niederjosbacher Jugend am Fußballspiel Gefallen findet. Aber wo kann man spielen? In den Nachbarorten Niedernhausen, Bremthal, Vockenhausen, Lorsbach, Hofheim und Kriftel bieten sich Gelegenheiten, die auch von einigen Jugendlichen genutzt werden.
Diese Begeisterten sind es in erster Linie, die nun nicht müde werden in ihrem Drängen, endlich eine Fußball-Abteilung in den Turn- und Sportverein aufzunehmen.
Der sportliche Geist in Niederjosbach erwacht zu neuem Leben.
Im Frühjahr 1959 nimmt das Streben neue Formen an. Die Verantwortlichen Werner Schwartze und später Emil Backes sind sich einig, dass nach einem so wechselvollen Auf und Ab im Sportverein, der Neubeginn in einer Sportart erfolgen muss, die die Massen begeistert und mitreißt, wie es dem Fußball zu dieser Zeit gelingt. Am 25. April 1959 wird die Gründerversammlung einberufen und ein neuer Vorstand gewählt. 32 Sportbegeisterte, darunter 16 Aktive, finden sich zur Gründung ein: der erste Anfang ist gemacht.
Von nun an überschlagen sich die Ereignisse in nie erwarteter Weise und erfassen die ganze Gemeinde. Noch bevor der Vorstand sich über seine ersten Schritte richtig bewusst werden kann, haben die aktiven Sportler bereits ein Freundschaftsspiel festgelegt. Dabei zeigt man sich bei der Auswahl nicht gerade zimperlich, sondern offenbart gleich Selbstbewusstsein. Denn nicht etwa ein Vertreter der untersten C-Klasse wird zum Kräftevergleich herangezogen, sondern ein Spitzenvertreter der B-Klasse: der 1. FC Marxheim. Den Austragungsort kann man rechtzeitig klären, die SG Bremthal überlässt den Fußballern für dieses Spiel ihren Sportplatz, aber noch kann niemand sagen, in welchem Dress die Sportler antreten, da die Lieferzeit der bereits bestellten Trikots zu lange dauert. Kurz entschlossen finden sich in den Reihen des Vorstandes einige Spender, so dass den Aktiven am Samstagabend eine rote Hose, rote Stutzen und ein weißes Jersey vorgelegt werden, in fieberhaftem Bemühen buchstäblich in letzter Minute zusammengekratzt. Auch für den ersten Spielball findet sich gerade rechtzeitig ein Spender.
Das erste Spiel, dem mit grenzenloser Spannung entgegengefiebert wird, bleibt allen Beteiligten – Aktiven wie Zuschauern – unvergesslich. Zur Halbzeit führt die eigene Mannschaft auf Bremthaler Rasen mit 3:0. Fahrradboten bringen die freudige Kunde nach Niederjosbach. Nach der Pause setzte ein Zustrom von Schaulustigen aus der Umgebung ein, der alle Erwartungen weit übertrifft. Als dann, nach dramatischer zweiter Halbzeit, der neue TuS mit 3:2 als Sieger den Platz verlässt, kennt die Begeisterung keine Grenzen mehr. Auch die nächsten Spiele werden erfolgreich abgeschlossen. Ein Vierteljahr bleibt der TuS 1890 ungeschlagen. Im Überschwang und voller Stolz geht das Wort von Deutschlands einzigem noch ungeschlagenem Verein.
Ein eigener Sportplatz
Nun wird die ganze Gemeinde in einen wahren Begeisterungstaumel gerissen. Bereits am 1. Juli 1959 kann das 150. Mitglied im Verein aufgenommen werden, zum Jahresende sind es 200. Auch die Gemeindeverwaltung wird erfasst und leistet ihren Beitrag. Bei einer Ortsbegehung durch Vertreter des Vereins, des Landessportbundes Hessen, des Hessischen Fußballverbandes, der Gemeinde und der Ortsbauernschaft stellen die Anwesenden mehrheitlich fest, dass das geeignetste Gelände für die Errichtung eines Sportplatzes aus verkehrspolitischen sowie klimatischen und damit gesundheitsfördernden Gründen das gemeindeeigene Obstbaugelände auf dem Lochberg ist. Für die Gemeindevertretung und den Gemeindevorstand ist es im Sturme der gegenwärtigen Begeisterung keine Frage, dieses Land zur Verfügung zu stellen. Noch ist es in steiler Hanglage, bewachsen mit etwa 80 fast fünfzig Jahre alten Obstbäumen.
Bürgermeister Josef Kornmann kann den Landtagsabgeordneten Heinrich Weiß aus Marxheim für eine Unterstützung gewinnen. Durch dessen Vermittlung wird es möglich, eine in Höchst stationierte Pioniereinheit der amerikanischen Armee für Erdbewegungsarbeiten zu interessieren. Einzige Bedingung: Kostenfreie Unterkunft und Verpflegung der abgestellten Soldaten für die Dauer der Arbeiten. Diese Anforderung erfüllt Niederjosbach voller Eifer, ausreichend Unterkunftsmöglichkeiten werden freimütig zur Verfügung gestellt und eine Geldsammlung erbringt ein solch erfreuliches Ergebnis, dass nicht nur eine vierwöchige Gasthausverpflegung für die Amerikaner sichergestellt ist, sondern darüber hinaus eine würdige Abschlussfeier finanziert werden kann. Dazu verzeichnet das Ehrenbuch des Vereins folgende Eintragung: „Unser steter Dank gilt der amerikanischen Pioniereinheit, die in fast vierwöchigem Einsatz bis täglich 14 Stunden mit teilweise drei Räumgeräten ca. 35.000 cbm Erde bewegte und damit unseren Sportplatz im Rohbau erstellte. In Anerkennung dieser kostenfreien Leistung wurden die nachfolgenden Offiziere und Soldaten zu Ehrenmitgliedern unseres Vereins ernannt: Lt. Col. O’Hara, Major Carleton, Lt. Mannahan, Sgt. Burch, SP 5 Kitchen, SP 5 Wilson, SP 4 Wachter, SP 4 Johnson, SP 5 Turner.” Leider wird die amerikanische Einheit, für den Verein viel zu früh, in ein Manöver abkommandiert und damit verlegt. Doch der erste große Schritt ist getan, eine ebene Fläche in den Hang gebrochen, auch wenn diese noch nicht bespielbar ist. Ein Großteil der Erde wurde hangabwärts geschoben, die Erdmassen müssen erst einmal zur Ruhe kommen.
Dass weiterhin begeistert Fußball gespielt werden kann, ist unter anderem dem SV Niedernhausen zu danken, der den Niederjosbacher Spielern seinen Sportplatz zur Verfügung stellt.
Durch unermüdliches Bemühen des Bürgermeisters und Sportsfreundes Josef Kornmann gelingt es schließlich im Jahre 1962 erneut, eine amerikanische Pioniereinheit mit der Weiterführung der Arbeiten zu beauftragen. Am Ende dieser Tätigkeit liegt im Rohen ein Fußballplatz da. Durch großen Einsatz der Spieler wird dieser soweit hergerichtet, dass der Verein mit Beginn der Verbandsspiele über ein bespielbares Feld aus Lehmerde verfügt. Die Begeisterung, nach mehr als 70 Jahren tatsächlich einen eigenen richtigen Sportplatz nutzen zu können, gibt den Spielern einen solchen Auftrieb, dass noch in der gleichen Saison, nach verhältnismäßig kurzem Bestehen, die Klassenmeisterschaft errungen wird.
Mit großen Kosten und Mühen und Unterstützung der Gemeinde wird der Platz 1964 mit einer Drainage und einer Hartdecke versehen, Fertigstellungsarbeiten, an denen sich alle Sportler aktiv beteiligen. Gleichzeitig wird der Bau eines ersten Umkleidehauses in Angriff genommen. Diese starke Beanspruchung und die damit verbundene Vernachlässigung eines gezielten Trainings dürften wohl ein Hauptgrund dafür sein, dass die Leistungen im Jahr 1965 stark sinken. 1965 ist unter August Messinger, der das Amt von Karl Steinmetz übernommen hat, schließlich auch das Jahr, in dem es dem Verein endlich vergönnt sein soll, ein echtes Jubiläum zu feiern. „75 Jahre Turn- und Sportverein 1890 Niederjosbach“, ein viertägiges Fest mit der Einführung des in der Folge lange Jahre stattfindenden Pfingstturniers. Diese Festveranstaltungen geben dem Verein neuen Auftrieb.
Neben Fußball nimmt nun auch das Turnen wieder eine wichtige Rolle im Vereinsgeschehen ein. So entsteht 1969, unter dem erneuten Vorsitz von Emil Backes, die Frauengymnastikgruppe mit regem Zuspruch, zwei Jahre später eröffnet eine Kinderturngruppe mit 108 Kindern. Die Mitgliederzahl steigt auf 350.
Ein Clubheim auf dem Lochberg
Bereits 1960 entwirft der Spielausschussvorsitzende, Architekt Roland Wölfle, das Vereinsabzeichen und leitet den Bau der Umkleidekabinen nach den Plänen des Landessportbundes ein. Doch erst von Herbst 1973 bis Frühjahr 1974 wird, überwiegend in Eigenarbeit von Vereinsmitgliedern, die lang ersehnte Umkleidehalle erbaut. Am 31. Mai 1974 kann sie vom Vorsitzenden Rolf Schäfer feierlich ihrer Bestimmung übergeben werden.
Nach weiterem Ansteigen der Mitgliederzahlen – Niederjosbach ist inzwischen auf über 1300 Einwohner gewachsen – erstellt der Verein darüber hinaus, und wieder in Eigenhilfe, ein Clubheim auf dem Sportplatz, das zum Dreh- und Angelpunkt des Vereinslebens wird. Die Geschicke des Vereins werden zwischenzeitlich von Heinz Brückner, dann wieder von Rolf Schäfer geleitet. In das Jahr 1978 fällt auch die Errichtung einer Flutlichtanlage auf dem Sportplatz durch die Gemeinde. Im gleichen Jahr werden Er-und-Sie-Turnen sowie Mutter-und-Kind-Turnen in das Vereinsangebot aufgenommen.
Auch der Bau der neuen Turnhalle an der Comeniusschule bietet dem Verein neue Möglichkeiten. Ein Teil der Turnstunden kann nun dort abgehalten werden, zumal die vorhandenen Räumlichkeiten zum Beispiel im Untergeschoss der alten Grundschule – seit 1974 Kindergarten – von der Anzahl der Teilnehmer bisweilen gesprengt werden.
Bei der 20-Jahr-Feier der Fußball-Abteilung vom 29.5. bis 4.6.1979 kann der Verein mit Stolz auf fünf Jugendmannschaften, zwei Seniorenmannschaften und eine Soma-Mannschaft verweisen.
Zur 90-Jahr-Feier am 4. und 5. Oktober 1980 zählt der Verein 570 Mitglieder. Das Vereinsleben beschränkt sich aber nicht auf den Sport, so wird in diesem Jahr die erste große Faschingsveranstaltung „Rummel im Dschungel“ in der Comeniushalle veranstaltet, die in den kommenden Jahren zu einem beliebten Treffpunkt für Narren aus nah und fern wird.
Der TuS passt sich der wachsenden Nachfrage nach weiteren Sportarten an und so entsteht neben dem Angebot einer Jazzgymnastikgruppe im Sommer 1981 eine Leichtathletik-Gruppe, angegliedert an die Turnabteilung, die sowohl vormittags als auch abends die Möglichkeit bietet, für den Erwerb des Deutschen Sportabzeichens zu trainieren.
Im Jahre 1982 gründet sich darüber hinaus eine Volleyball-Abteilung, die rasch auf über dreißig Mitglieder anwächst und bereits zwei Jahre später mit einer Damen- und Herrenmannschaft erfolgreich an Wettbewerben des hessischen Volleyballverbandes teilnimmt.
Unermüdlich arbeiten auch die Fußballer an der Vervollkommnung des Sportplatzes weiter. So erstellt sich die Abteilung im Jahre 1981 einen Lagerraum und eine Fertiggarage. Schon ein Jahr später wird dem Verein zum Transport seiner Jugendmannschaften ein Kleinbus geschenkt, in Selbsthilfe fahrtüchtig gemacht und deutlich sichtbar mit dem Vereinsnamen verziert.
Als sich nach starken Regenfällen herausstellt, dass die bestehende Drainage des Platzes nicht mehr funktionsfähig ist, wird 1982 eine neue verlegt. In diesem Zug werden eine neue Hartplatzdecke und eine Berieselungsanlage fertiggestellt. Jedoch schon zwei Jahre später zeigen sich starke Mängel, die eine Erneuerung der Platzdecke erforderlich machen.
Im Oktober 1988 entsteht im Verein eine Herzsportgruppe. Das wöchentliche Training, das für Menschen mit Herz- oder Kreislauferkrankungen angeboten wird, übt kontrollierte Belastungen unter ärztlicher Aufsicht, bietet damit einen Wiedereinstieg in sportliche Betätigung und erfreut sich reger Beteiligung.
100 Jahre Sportverein am Ort
Im Jubiläumsjahr 1990 zählt der Turn- und Sportverein über 800 Mitglieder. Er ist damit nicht nur der älteste, sondern auch der mitgliederstärkste Verein in Niederjosbach. Das Hundertjährige wird gebührend gefeiert, das Festprogramm beginnt am 20. Mai mit einem Gedenkgottesdienst und endet am 4. Juni 1990 mit dem Start eines Fesselballons. Die Veranstaltungen bieten Abwechslung für alle Altersstufen und werden vom ganzen Ort unterstützt, noch lange spricht man von Disco- und Countrymusik-Abend mit Werner Reinke, dem farbenfrohen Festumzug, einer Volkswanderung sowie von Volleyball- und Fußballwettbewerben, die bei bestem Wetter stattfinden.
In den folgenden Jahren finden wenig tiefgreifende Veränderungen statt.
Die Hallenkapazitäten in der inzwischen mit ihren fünf Stadtteilen zusammengewachsenen Stadt Eppstein setzen allen Vereinen enge Grenzen. Mit klaren Absprachen der Belegungspläne versucht man, den Wünschen gerecht zu werden. Da inzwischen auch Hallenfußballturniere für Jugendmannschaften ausgerichtet werden, ist auch in diesem Bereich verstärkt Bedarf an Hallenzeiten.
Besonderes Wachstum hat nach 1990 die Volleyballabteilung im Bereich der Jugend zu verzeichnen. Die Wettbewerbsergebnisse sind auch im Vergleich mit großen Vereinen beachtlich. So gewinnt die Volleyball-Damenmannschaft 1994 zum ersten Mal den Hessenpokal in der Bezirksklasse. Ebenfalls im Jahr 1994 findet das erste Volleyballfastnachtsturnier statt, bei dem auch in den folgenden 30 Jahren verkleidete Sportler um den ersten Platz im Spiel und in der besten Kostümierung konkurrieren.
Nachdem 1991 der beliebte Maskenball „Rummel im Dschungel“ wegen des Golfkrieges ausgefallen war, verzichtet der TuS ab 1993 auf dessen sehr aufwändige Ausrichtung.
„Kleine“ Jubiläen
Die Damengymnastik feiert 1994 mit einem bunten Abend ihr 25-jähriges Bestehen. Die Leichtathleten können im darauffolgenden Jahr stolze 38 Sportabzeichen überreichen, die durch persönliche Leistungen beim Laufen, Springen, Werfen, Schwimmen und Geräteturnen errungen werden. Indessen kehren Kunstturnerinnen mit mehreren Titeln von den Hessenmeisterschaften nach Niederjosbach zurück.
Im Jahr 1970 hebt der DFB das 1955 verhängte Frauenfußballverbot unter Auflagen (sechsmonatige Winterpause, keine Stollenschuhe, kleinere und leichtere Bälle sowie kürzere Spielzeiten) wieder auf. Seit 1993 gelten aber auch für Frauen zwei 45-minütige Halbzeiten – ob das der Grund ist, warum einige fußballbegeisterte Spielerinnen ein Mädchenteam gründen und auf dem Lochberg trainieren wollen?
Nicht lange darauf nimmt die junge Mannschaft an Verbandsrunden teil.
Der TuS muss in diesen Jahren auf die Ausrichtung von Turnieren verzichten, da der Verband sie aufgrund von Schiedsrichtermangel in den eigenen Reihen verbietet.
Der langjährige Vorsitzende Rolf Schäfer kümmert sich als künftiger Fußballabteilungsleiter vorwiegend um die Kicker, den Vereinsvorsitz übernimmt der bisherige stellvertretende Vorsitzende Heinz Brückner, Erwin Kaminek komplettiert den Vorstand als zweiter Vorsitzender. Diese Konstellation soll über Jahre so bestehen bleiben. Weitere Neuerungen halten Einzug im TuS Niederjosbach: Die Vereins- und Mitgliederverwaltung wird fortan auf dem Computer weitergeführt. Nach langer Diskussion beschließt der Vorstand, die Mitgliedsbeiträge an die Etaterfordernisse anzupassen. Der TuS Niederjosbach zählt im Mai 1995 insgesamt 920 Mitglieder, die Anwohner des Ortes sind auf etwa 1900 gewachsen, doch der Einzugsbereich der Vereinsmitglieder hat sich in allen Sparten längst auf die Gemeinden des Umlandes ausgedehnt.
1996 feiert der Verein in der Comeniushalle das 25-jährige Bestehen des Kinderturnens, das eine grundlegende Ausbildung an Geräten und die Teilnahme an Gau-Kinderturnfesten und Rundenwettkämpfen bietet. Besonders begeisterte Mädchen trainieren weiter in der Leistungsgruppe des Vereins. 1996 ist diese Truppe mit ihrem Kunstturnen sehr erfolgreich. Zunächst erringen sie vorderste Plätze bei den Gaumeisterschaften, dann entsenden sie acht Turnerinnen zu den Hessenmeisterschaften und erkämpfen mehrere vordere Ränge, darunter einen verdienten zweiten Platz.
Schwierig erweisen sich besonders im Bereich des Turnens die begrenzten Übungszeiten in den Sporthallen, da ältere Turnerinnen aus schulischen Gründen zu Vereinen mit späteren Trainingszeiten wechseln.
Die Fußballer bilden eine Jugendspielgemeinschaft mit Bremthal und Vockenhausen, da die Zahl der Spieler allerorts nicht mehr für eigene Mannschaften ausreicht. Eine Sanierung des Vereinsheimes ist nötig und wird von einigen engagierten Sportlern vorangetrieben.
Im Vereinsleben etabliert sich auch die „Pannekuchestubb“, ein kleiner Adventsmarkt, den die Fußballer mit dem Gesangverein Sängerlust jährlich auf dem Dorfplatz abhalten.
Ein neues Jahrtausend
Nicht erst mit dem neuen Jahrtausend wird auch im TuS Niederjosbach der Wandel der Zeit deutlich – die Veränderungen in der Gesellschaft betreffen gleichermaßen das Vereinsleben. Immer mehr zeichnet sich ab, dass die gebotenen Veranstaltungen nicht mehr ausreichen, um die Vereinseinnahmen aufzustocken. Die Besucherzahlen und die Mitgliederzahlen gehen zurück, ebenso die Bereitschaft der Mitglieder, sich als Helfer für den Verein zu engagieren, da u.a. die Konkurrenz mit den Fitness-Studios in Stadt und Land steigt. Dennoch verzeichnet der TuS sportliche Erfolge:
Im Jahr 2000 erringen die Fußballer die Meisterschaft in der B-Klasse und steigen erstmals in der Vereinsgeschichte in die A-Klasse auf. Ein beachtlicher Erfolg, ungeachtet der Tatsache, dass sie nach nur einer Saison wieder absteigen müssen.
Auch die Volleyballdamen gewinnen erneut den Hessenpokal für Teams bis zur Bezirksliga. Zudem erreichen sie den 2. Platz in der Bezirksliga und über eine Relegation den Aufstieg in die Bezirksoberliga. Nach mehreren starken Jahren muss die Meldung der Mannschaft im Jahr 2004 aus der Bezirksliga zurückgezogen werden, nach Schul- oder Ausbildungsabschluss verlassen die jungen Frauen zunehmend Eppstein. Eine neue Damenmannschaft zieht es vor, in der untersten Spielklasse zu beginnen.
2003 erfolgt der Start zu dem seit langem größten Projekt des Vereins: Der Um- und Ausbau des vorhandenen, aber nicht mehr zeitgemäßen Umkleidegebäudes wird bei der Stadt beantragt, die nötigen Ausschreibungsunterlagen erstellt. So beginnen schließlich 2006, auf Vereinsseite unter Leitung von Rolf Schäfer, die Baumaßnahmen auf dem Lochberg.
Bei den Turnern verzeichnen die Kunstturnerinnen auch im Jahr 2005 erfolgreiche erste und zweite Plätze bei den Gaumeisterschaften. Die Turner und Leichtathleten bieten zeitgemäße Sportmöglichkeiten, so ist Nordic Walking im Erwachsenenbereich einer der Trends, die vom Verein aufgegriffen werden. Auch bietet die Abteilung eine Rope-Skipping-Trainingsgruppe für Jugendliche an.
Durch den Ausbau der Hortbetreuung an Comenius-, Burg-, und Freiherr-vom-Stein-Schule ergeben sich Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Betreuungsangeboten und Vereinsangebot. Diese werden vor allem im Bereich Volleyball, Turnen und Leichtathletik genutzt. Leider gelingt nur in Einzelfällen eine dauerhafte Kooperation, obgleich mehrere Faktoren dafür sprechen: Gemeinsame Nutzung begrenzter Hallenzeiten, Teilen von Übungsleiterkapazitäten an Nachmittagen und die Nachmittagsbetreuung der Schüler.
2005 wird ein Frauenfußballteam gegründet. Fortan können Spielerinnen, die altersbedingt in ein Frauenteam wechseln müssen, dem TuS die Treue halten. Eine gute Grundlage, um die Jugendarbeit nicht ins Leere laufen zu lassen. Der Erfolg der Mädchenmannschaft unterstreicht diesen Entschluss: Der Aufstieg in die Bezirksliga und der Gewinn des Kreispokals in der Halle sind die Ausbeute im Jahr 2008.
Das Clubheim in neuem Glanz und Grün
Ein bedeutendes Datum für den Verein ist der 22.8.2008: Endlich können das neue Clubheim und die renovierten und erweiterten Umkleideräume auf dem Sportplatz eingeweiht werden. Dass dies innerhalb von zwei Jahren letztlich ohne Kreditaufnahme erfolgen kann, liegt an der tatkräftigen Mithilfe zahlreicher Vereinsmitglieder, dem hilfsbereiten Einsatz lokaler Handwerker und einigen Geldspenden. In über 3000 Arbeitsstunden wird mit Zimmerarbeiten, Dach-, Fliesen-, Anstreich- und Isolierarbeiten ein Betrag von 130.000 Euro gespart. Auch die Zusammenarbeit mit der Stadt Eppstein, in deren Zuständigkeitsbereich die Sanierungsarbeiten der Umkleideräume fällt und die einen großen Teil der übrigen Kosten trägt, klappt hervorragend.
Nach der Fertigstellung des neuen Gebäudes wollen die Verantwortlichen erst einmal durchatmen, denn der persönliche Einsatz geht zeitweise an die Substanz.
Doch wieder meint es das Schicksal gut mit dem TuS 1890. Diesmal ist das Konjunkturprogramm des Bundes der Auslöser. Die ausgeschriebenen Zuschüsse geben berechtigte Hoffnung auf eine Umwandlung des Hartplatzes „rote Erde“ in einen modernen Kunstrasenplatz.
Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass der Verein sein Sportlerheim schuldenfrei gebaut hat. Kurzentschlossen setzt der Vorstand die nötigen Hebel in Bewegung und kann mit Hilfe der Stadt Eppstein weitere Mittel des Landes und des Main-Taunus-Kreises gewinnen.
Spenden, Eigenleistungen und eine Darlehenszusage der Stadt über einen evtl. fehlenden Restbetrag ergänzen den Finanzierungsplan, so dass im Dezember 2009 die Firma Heiler mit dem Bau des „Grüns“ beauftragt werden kann. Geplant ist nicht nur ein Fußballplatz, sondern auch ein gesonderter Aufwärmplatz, der ebenso als Freiluftvolleyballfeld genutzt werden kann. Darüber hinaus soll eine Tartanbahn längs des Feldes auf modernsten Stand gebracht werden, eine Sprunggrube eingerichtet sowie ein Kugelstoßplatz mit eingeplant werden.
Die Baumaßnahmen selbst erfolgen im Frühjahr 2010. Die Fußballer müssen in der gesamten Rückrunde nach Vockenhausen bzw. nach Bremthal ausweichen und sind den Nachbarvereinen sehr dankbar dafür, dass diese den Spielbetrieb weiter ermöglichen. Nach einem Testspiel TuS Niederjosbach : SV Wehen-Wiesbaden II erfolgt am 6. August 2010 die offizielle Einweihung des neuen Platzes, genannt „Lochberg-Arena“, mit einem Fußballspiel von Niederjosbacher Promis gegen die Stadtverwaltung Eppstein.
Besonders glücklich ist diese bauliche Entwicklung zu einem Zeitpunkt, zu dem Hartplätze nicht mehr den Anforderungen des Deutschen Sportbundes Genüge tragen und zahlreiche Vereine sich deshalb aus dem Wettbewerbsgeschehen zurückziehen müssen.
Entwicklung der Abteilungen bis zum 125 jährigen Jubiläum
Die Turner verzeichnen einen Wechsel in der Abteilungsleitung und positionieren sich nach der Auflösung der Kunstturnriege neu, die Volleyballer erreichen wieder die Teilnahme bei den Hessenmeisterschaften. Die männliche U12 Volleyballjugend wird sogar ohne Satzverlust Hessenmeister. Doch dann fehlt bei den Volleyballern der Nachwuchs, die männliche Jugend muss aufgelöst werden, da die anfangs aus zwei bis vier Spielern gebildeten Mannschaften in den älteren Jahrgängen mindestens sechs Feldspieler und weitere Auswechselspieler benötigen.
Im Jahr 2011 schlagen die Fußballfrauen zu: Sie gewinnen den Kreispokal und schaffen den Aufstieg in die Gruppenliga. Im Jahr 2013 steigt die 1. Fußballmannschaft in die A-Klasse auf, kehrt aber im Folgejahr wieder zurück in die B-Klasse. Die Reservemannschaft wird Meister der Reserverunde.
Die Volleyballmädels U14 gewinnen den Hessenjugendpokal und die Freizeitmannschaft kann einige neue Mitglieder begrüßen, so dass die gelegentliche Teilnahme an Freizeitturnieren in der Umgebung fortbesteht.
Im Jahr 2014 feiert auch die Herzsportabteilung ihr inzwischen 25-jähriges Jubiläum, dank der wechselnden freiwilligen Begleitung durch Ärzte aus den umliegenden Gemeinden kann dieses Angebot nun über einen so langen Zeitraum aufrecht erhalten werden. Die Turnabteilung bietet darüber hinaus seit mehreren Jahren auch die Sportart Pilates sowie mehrere Kurse in Rückengymnastik für Senioren an. Im Jahr 2015 feiert der Verein mit zahlreichen Aktionen sein 125jähriges Bestehen.
Nach diesem Höhepunkt gilt es, vereinsintern zahlreiche Veränderungen anzupacken. Die Angebote der Sportvereine stehen vor allem im Erwachsenenbereich in steigender Konkurrenz mit Fitnessstudios Es erweist sich gesellschaftlich auch immer wieder schwierig, Freiwillige fürs Ehrenamt zu gewinnen. Die berufliche Arbeitszeit erlaubt häufig weniger Einsatz für den Verein, gleichzeitig fehlen dem TuS ebenso wie vielen anderen Vereinen Kinder durch vermehrte Nachmittagsbetreuung in den Schulen, dies schränkt auch die Hallenkapazitäten ein. Im Fußball entstehen so im Jungendbereich erste Spielgemeinschaften mit Nachbarvereinen. Vor allem mit der SG Bremthal entsteht eine immer engere Kooperation.
Anfang der Zweitausendzwanziger Jahre übersteigt der logistische Aufwand der Abteilung Herzsportbereich den Nutzen für den Vereins, obgleich die Nachfrage vorhanden wäre. Der Vorstand beschließt daher, diese Abteilung aufzulösen. Im Bereich der Leichtathletik wird in diesem Zeitraum Ultimate Frisbee als neues Angebot angegliedert.
In den Jahren 2019 bis 2021 hinterlässt die Coronapandemie ihre Spuren: Der Verein muss zeitweise das Angebot einstellen oder kann es nur unter Auflagen aufrechterhalten, dennoch gelingt es gemeinsam, wieder durchzustarten.
Im Jahr 2023 wird Heinz Brückner für 30 Jahre Vereinsvorsitz geehrt, zahlreiche andere Ämter hat er in den vorangegangenen 50 Jahren für den Verein innegehabt.
Bauliche Mängel am Kunstrasen führen 2023 zur Notwendigkeit einer großen Sanierung des Lochberg Sportplatzes, so dass dieser fast ein halbes Jahr nicht genutzt werden kann. Im April findet schließlich das erste Spiel auf neuem Grün statt.